An dieser Stelle möchten wir Ihnen und Euch die Inhalte der Luttumer Dorfchronik nach und nach auch in digitaler Form zur Verfügung stellen. Herausgeber des vom "Arbeitskreis Dorfchronik" im Jahr 1997 zusammengestellten Werkes ist die Gemeinde Kirchlinteln. Die Texte sind dabei 1:1 aus der Chronik übernommen und wurden lediglich um etwaige Rechtschreib- oder Tippfehler korrigiert.
Inhalt:
I. Geschichte und Entwicklung des Dorfes
II. Dörfliche Verwaltung
III. Soziale Strukturen
IV. Landwirtschaft
V. Handwerk und Gewerbe
VI. Verkehr und Post
VII. Öffentliche Einrichtungen
VIII. Luttumer Vereine und Gruppen
IX. Brauchtum
X. Ortsteil Bessern
XI. Anlagen
I. Geschichte und Entwicklung des Dorfes
1. Geographische Lage
Inmitten der nordwestdeutschen Tiefebene befindet sich der Landkreis Verden. Im Südosten des Kreises, etwa viereinhalb Kilometer von der Kreisstadt Verden entfernt, liegt das Dorf Luttum. Ebenfalls zu Luttum gehört der südlich der Landstraße Verden-Walsrode gelegene Ortsteil Bessern.
Die Größe der Gemarkung beträgt 9,12 Quadratkilometer. Sie grenzt im Nordwesten an Eitze, im Norden an Weitzmühlen - hier bildet der Gohbach die Grenze, im Osten an Armsen und im Süden an Hohenaverbergen. In Südwesten bildet die Aller den Abschluss.
Die Gemarkung Luttum setzt sich aus zwei Landschaftsräumen zusammen: der Allermarsch und der niederen Geest mit den Dünenrücken.
Das Dorf Luttum liegt am Rand der Neddenaverberger Geestplatte. Der südliche und südwestliche Teil der Gemarkung befindet sich im Bereich der Allerniederung und wird vorwiegend als Grünland genutzt. Das Hinterland liegt auf der Geestplatte und besteht aus Ackerland und Wald. Die langgestreckte Form des Dorfes ergibt sich aus seiner Geestrandlage. Auch die Höhenwerte innerhalb des Dorfes verdeutlichen dieses: die Höhe über Normalnull (NN) beträgt am Friedhof 40,0 Meter und im Bereich der Einmündung Landstraße/ Luttumer Dorfstraße lediglich 20,3 Meter.
Bis zur Gebietsreform im Jahre 1972 war Luttum eine selbstständige Gemeinde. Heute gehört sie zusammen mit 16 weiteren Ortschaften zur Gemeinde Kirchlinteln.
Anfang 1997 hatte Luttum 1199 Einwohner. Die Bevölkerungsdichte betrug 131,5 Einwohner pro Quadratkilometer.
2. Aus der Geschichte des Kreises Verden
Ein kurzer Überblick zur politischen und territorialen Entwicklung des Verdener Raumes sei der Chronik vorangestellt. Für Luttum als Dorf im Kreis Verden ist sie gleichermaßen gültig.
Seit dem dritten Jahrhundert n. Chr. sind die Sachsen im Gebiet zwischen Elbe und Weser ansässig, nachdem die Chauken aus diesem Bereich abgewandert sind. In altsächsischer Zeit ist eine Gliederung des Landes in Gaue nachweisbar. Der südöstliche Teil des heutigen Kreises Verden heute zum Sturmi-Gau.
Karl der Große (768-814) führte gegen die heidnischen Sachsen zahlreiche Kriege, um diese zum Christentum zu bekehren und ihr Land in das fränkische Reich einzugliedern. Nach der Eroberung teilte Karl das Land in Missionssprengel ein, um so sein Vorhaben der Christianisierung zu fördern und zu sichern. Die Sprengel waren Voraussetzung für die Schaffung von Bistümern. Auch in Verden erfolgte eine Bistumsgründung. Das Gründungsjahr ist allerdings nicht genau bekannt. Die Stiftsurkunde von 786 stellte sich als mittelalterliche Fälschung heraus. Neuere Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Gründung des Bistums Verden wohl im ersten Jahrzehnt des 9. Jahrhundert n. Chr. aus dem Verdener Missionssprengel entstanden ist. Im Bistum übte der Bischof zugleich mit seinem kirchlichen Amt auch die weltliche Territorialherrschaft aus.
Einschneidende politische Veränderungen brachte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) mit sich. Im Westfälischen Frieden zu Münster und Osnabrück wurden 1648 das Bistum Verden und das Erzbistum Bremen als Reichslehen an die schwedische Krone übertragen. Aus den beiden Bistümern wurden Herzogtümer, die durch einen Generalgouverneur gemeinsam von Stade aus verwaltet wurden. Auch im Herzogtum Verden begann die schwedische Regierung mit der Enteignung der kirchlichen Besitzungen (= Säkularisierung).
1712 eroberten die Dänen im Verlauf des Nordischen Krieges die Herzogtümer Bremen und Verden. Gleichzeitig besetzte auch der Kurfürst von Hannover mit seinen Truppen dieses Gebiet. Im Jahre 1715 Erwerb Kurfürst Georg Ludwig von Hannover, der seit 1714 als Georg I. zugleich König von England war, für 790.660 Reichstaler die beiden Herzogtümer Bremen und Verden von Dänemark. Schweden verzichtete erst 1719 in Frieden von Stockholm formell auf die Herzogtümer und erhielt dafür eine Million Taler von Hannover. Die Schwedenzeit war damit beendet, und die hiesigen Bewohner wurden Hannoveraner.
Infolge der Personalunion mit Großbritannien wurde das Kurfürstentum Hannover mit in den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) hineingezogen. England und Frankreich kämpften um den Besitz Kanadas auf europäischen Boden. Das Herzogtum Verden wurde durch die Kriegshandlungen erheblich in Mitleidenschaft gezogen und die Stadt Verden sowie ihre Umgebung sogar kurze Zeit von Franzosen besetzt. Die kurhannoversche Zeit fand 1803 Ende.
Von 1803 bis 1813 war ganz Norddeutschland, und somit auch der Verdener Raum, von Napoleons Truppen besetzt und stand unter französischer Militärverwaltung. Die Herzogtümer Bremen und Verden wurden später im Königreich Westfalen, das Napoleons Bruder Jerome regierte, angegliedert. Bereits 1811 wurden beide Herzogtümer und das gesamte norddeutsche Küstengebiet dem Kaiserreich Frankreich direkt unterstellt. Diesing Einwohner waren nun französische Staatsbürger. Nordwestdeutschland wurde nach dem französischen Departmentsystem gegliedert. Unser Dorf Luttum gehört zur Mairie (= Großgemeinde) Kirchlinteln. Sie war Teil des Canton Verden im Arrondissement Bremen des Department Wesermündung. Die französische Fremdherrschaft brach 1813 nach der Völkerschlacht bei Leipzig zusammen. Auch die Herzogtümer Bremen und Verden wurden wieder frei. Ihre alte Zugehörigkeit wurde 1814 durch den Wiener Kongress bestätigt, der das Kurfürstentum Hannover zum Königreich erhob.
Seit 1823 wurde das ehemalige Herzogtum Verden von Stade aus als Landdrostei Stade verwaltet.
1852 wurde im Königreich Hannover eine umfangreiche Verwaltungsform durchgeführt, u.a. erfolgte die Trennung der Justiz von der Verwaltung. Die Ämter wurden zu reinen Verwaltungsbezirken. Jedes Amt erhielt ein Amtsgericht, das die Rechtspflege übernahm. In Verden entstanden ein Amts- und ein Obergericht,(später Landgericht).
Das Königreich Hannover stellte sich im Krieg zwischen Preußen und Österreich im Jahre 1866 auf die Seite Österreichs. In Folge dieses Krieges verlor das Königreich Hannover seine Souveränität und wurde am 3. Oktober 1866 von Preußen annektiert. In der preußischen Provinz Hannover blieben die Amtsbezirke zunächst bestehen. Später fasste die preußische Regierung Ämter und selbstständige Städte in Kreise zusammen. So wurden die Ämter Achim und Verden erstmals zusammengelegt und bilden bilden mit der Stadt Verden den Kreis Verden. 1885 erfolgte noch einmal eine Trennung. Aus dem Amt Achim wurde der Kreis Achim und aus Stadt und Amt Verden der Kreis Verden. Ebenfalls wurde die Landdrostei Stade in Regierungsbezirk Stade umbenannt.
Die Kreise Achim und Verden bestanden bis zum Jahre 1932, als sie erneut zum Landkreis Verden mit Kreissitz in Verden vereinigt worden.
In der Zeit von 1933 bis 1945 gehörte Luttum zum Gau Ost-Hannover im Regierungsbezirk Stade.
Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 gehörte der Kreis Verden zur britischen Besatzungszone und stand unter englischer Verwaltung. 1946 wurde der Landkreis Verden ein Bestandteil des neu gegründeten Landes Niedersachsen.
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4. Luttum im Mittelalter
4.1 Die erste urkundliche Erwähnung Luttums
Luttum wird, soweit uns bisher bekannt ist, erstmals als „Lutten“ in einer Urkundenabschrift im Verden Kopiar erwähnt. Die Urkunde datiert in das Jahr 1274. Graf Helmold von Schwerin resigniert der Verden Kirche (dem Bischof von Verden) die Hälfte des Zehnten zu Luttum, welche der Knappe Günther von Hoya vom Grafen Gunzelin, dem Vater Helmolds, und von Helmold selbst bis dahin als Lehen gehabt und ihm resigniert hat.
Die Übersetzung der in lateinischer Sprache verfassten Urkunde vom 14. Oktober 1274 lautet: „Graf Helmold (II.) von Schwerin bekundet, dass auf die freiwillige Resignation hin (ad liberam resignacionem) des Knappen Gunther von Hoya (dicti de Hoya), der die Hälfte des Zehnten (dimidietatem decime) im Dorf Luttum (in villa Lutten) von seinem Vater, Graf Gunzelin, und ihm zu Lehen hielt, er diesen halben Zehnten mit Einwilligung seiner Brüder, deren Vormundschaft er habe, der Verdener Kirche resigniere, damit durch diesen halben Zehnten der Gottesdienst in der Verdener Kirche vermehrt werde. Wenn das, was er in seiner Urkunde mit reiflicher Überlegung festgelegt habe, verzögert werde, will er (es) auf Anforderung mit Mund und Hand (ore et manu) erklären. „Datum et actum in cenaculo nostro Zwerin anno domini M.CC.LXX IIII. pridie ydus octobris.“ (Hodenberg, Verdener Geschichtsquellen, Heft II, Urkunde Nr. 93).
In der Lehnrolle der Grafen von Schwerin wird Luttum ebenfalls genannt. Diese Lehnrolle, die in den Jahren 1296 und 1297 entstanden ist, ist ein Verzeichnis von Besitzungen der Grafen von Schwerin mit Angaben darüber, an wen diese als Lehen ausgegeben waren. In der Einleitung der Lehnrolle heißt es: „Hec sunt bona Albiam que comes Hemoldus de Zwerin mortuo patre suo comite Gunzelino in pheodo suis hominibus porrexit.“ (= Dies sind die jenseits der Elbe belegenen Güter, die Graf Helmold von Schwerin, nach dem Tod seines Vaters, des Grafen Gunzelin, seinen Leuten als Lehen gespendet hat.) Der Paragraph 33 dieser Lehnrolle lautet: „Item Guntherus de Hoya dimidiam decimam in Lutthen et unam domum.“ (Desgleichen Gunther von Hoya den halben Zehnten in Luttum und ein Haus [oder: Hof]). (Freiherr von Hammerstein, Die Besitzungen der Grafen von Schwerin, 1859,16).
In einer Urkunde vom 19. Februar 1336 wird Luttum ebenfalls genannt. Dieses Dokument bringt schon die ersten Familiennamen aus Luttum. Der Knappe Conrad Clüver und seine Frau Gisela verkaufen dem Vikar des Marienaltars in der St. Andreaskirche, Lüder von Nienburg, zwei Curien (=Höfe) - eine im Dorfe Luttum („Lutten“) und einem Dorfe Armsen. Der Hof in Luttum wurde von Johann Ekemann bewirtschaftet und der in Armsen von Wernecke, dem Schwiegersohn des Ekemann. Die Kaufsumme betrug 23 Mark Verdener Silber. Die Verkäufer behielten sich für drei Jahre das Rückkaufsrecht vor und leisteten die übliche rittermäßige Gewähr unter Anbietung eines Einlagers in Verden bis zur Bezahlung. (Regesten [=Urkundenverzeichnis] St. Andreas., Nr. 78).
Urkunde vom 24. Juni 1379: Die Brüder, Lüder, Hilmer und Cord Clüver verzichteten mit diesem Schriftstück, welches am Johannistag des Jahres 1379 verfasst wurde, auf alle Ansprüche an den Zehnten zu Klein-Häuslingen, ein Gut (=Hof) zu Armsen sowie ein Gut zu Luttum. Der Hof in Luttum wurde von dem Bauern Hennecke Obbeken bewirtschaftet. Da diese Güter gemäß einer Stiftung zur Altarvikarie „Unser Lieben Frauen“ in der St. Andreaskirche gehörten und versprachen die Gebrüder Clüver, dem Vikar zu seinem Recht behilflich zu sein. Hier ein Auszug aus dem Originaltext der Urkunde: „Wy Lüder, Hilmer, unde Cord, gheheten Clüvere, Curdes Sone, bekennte und bethüget apenbare in dessem Breve, dat wy hebbet ghelaten und latet van aller Anclage unde Bysprake, dat wy hat hebben wente her to uppe den Thegheden tho Lutten-Hußlen, unde up ein Gut, dat ghelegn to Ermedisse, dat nu to tyden buwet Hutfelt, unde uppe ein Ghut, dat ghelegen is to Lutten, dat nu to tyden buwet Henneke Obbeken, de se höret to dene Altare unde Vicarie unser leven Frouwen in de Kerke to sunte Andresse to Verden…
Unse Ingeseghele witliken ghehanghen an dessen Bref, de gheghenven unde ghesreven is na Gades Bort drytteinhundert jar, in deme neghen unde seventghesten Jahre in deme hilligen avende sunte Johannes Baptisten, alse he baren wart.“ (Pratje, Altes und Neues aus den Herzogthümern, Band I, 35).
4.2 Deutung des Ortsnamens und seine zeitliche Einordnung
Ortsnamen sind in der Regel zusammengesetzte Wörter, die aus einem Grundwort mit vorangestelltem Bestimmungswort bestehen. Das Grundwort wird durch das Bestimmungswort, das die Lage, die Umgebung, einen Personennamen oder andere Merkmale bezeichnet, näher umschrieben. Die heutige gebräuchlichen Ortsnamenformen sind allerdings vielfach „abgeschliffen“. Zur Deutung des Ortsnamens wird deshalb die älteste bekannte Schreibweise herangezogen. Die älteste überlieferte Erwähnung für Luttum stammt aus dem Jahr 1274. Dort heißt der Ort „Lutten“. Dieser Ortsname hat das Grundwort „-hen“ und bezeichnet ein Heim, eine Herdstelle. Das Bestimmungswort lässt sich vom Personennamen „Ludolf“ ableiten. Der Ortsname Luttum bedeutet also „Heim des Ludolf“.
Die meisten Dörfer sind erheblich älter als ihre früheste urkundliche Erwähnung. Um aber das Alter von Siedlungen annähernd bestimmen zu können, müssen als Hilfsmittel die Ortsnamen herangezogen werden. Nur so ist es möglich, jene Besiedlungsvorgänge zu erfassen, die vor Beginn der ersten schriftlichen Überlieferung des Ortes – die überwiegend erst im hohen Mittelalter einsetzen - stattgefunden haben. Mit Hilfe der Grundwörter der Ortsnamen ist eine grobe zeitliche Einordnung möglich. Nach Otto Voigt (1962) lässt sich der Ort Luttum einer früheren Landausbauphase zuordnen. Voigt schreibt dazu: „Die Ortsnamen auf –lo, -wede, -heim (-um/-em/-en), -berg oder -bergen entstanden wohl bis etwa 500 nach Christi Geburt.
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7. Luttum von 1939 bis zur Gegenwart
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7.14 Der Fernsehturm Luttum
Im nördlichen Teil der Gemarkung Luttum befindet sich bei Position 52 Grad 54 Min. nördlicher Breite und 9 Grad 18 Min. östlicher Länge von Greenwich der weithin sichtbare 222 Meter hohe Fernsehturm des Senders Verden. Luttum als Standort eines Grundnetzsenders wurde schon 1961 in Stockholm festgelegt. Der Fernsehsender dient zur Ausstrahlung des 2. und 3. Programmes.
Im Jahre 1966 erwarb die Deutsche Bundespost ein 1,6 Hektar großes Waldgrundstück westlich der Straße nach Weitzmühlen zur Errichtung der Fernsehsendeanlage. Mit den Bauarbeiten wurde bereits im darauffolgenden Jahr begonnen. Errichtet wurden ein 200 Meter hoher Stahlgittermast mit aufgesetzter 22 Meter hoher Antenne sowie zwei eingeschossige Betriebsgebäude für Richtfunkanlagen und die Sender. Die Inbetriebnahme des Fernsehsenders Verden erfolgte am 8. Juli 1969. Seither wird von Luttum aus auf Kanal 25 das 2. Programm und auf Kanal 60 das dritte Fernsehprogramm mit 60 Kilowatt ausgestrahlt. Der Versorgungsbereich des Verdener Senders umfasst die Landkreise Verden und Rotenburg sowie Teile von Hoya, Bremervörde, Fallingbostel und Nienburg.
Die Fernsehsendeanlage in Luttum wird von Bremen aus ferngeschaltet und überwacht. Die Gesamtbaukosten betrugen fünf Millionen Mark.
Abschließend noch einige technische Daten zum Bauwerk selbst: Der Sendemast besteht aus einer Stahlgitterkonstruktion. Sein Gewicht beträgt 203 Tonnen. In 60 und 68 Meter Höhe befindet sich jeweils eine Plattform von zehn Metern Durchmesser. Auf dem Fußpunkt des Sendemastes ruht ein Gewicht von 470 Tonnen. Der Turm wird durch zahlreiche Stahltrossen in seiner Position gehalten. Die Gesamtlänge dieser Abspannungen beträgt 2.200 Meter. Ferner wurden rund 500 Kubikmeter Beton, 11.000 Kilogramm Anker- und Bewehrungseisen sowie 17.000 Schrauben verbaut.
7.15 Flugzeugabsturz am 13. Mai 1971
Am Donnerstag, den 13. Mai 1971, startete der 45-jährige holländische Oberstleutnant Wilhelm Pieter Vogelaar mit dem Düsenjäger vom Typ F5 „Freedomfighter“ von der Fliegerbasis Twente bei Enschede zu einem Übungsflug in Richtung Bundesrepublik Deutschland.
Beim Tiefflug streifte der Düsenjäger in der Gemarkung Luttum eine der stählernen Haltetrossen des Fernsehturmes. Dabei wurde die rechte Tragfläche des Flugzeuges abgerissen. Die schwer beschädigte Maschine fing sofort Feuer und raste Sekunden später auf den Ortskern von Luttum zu. Der Pilot hatte sich mit dem Schleudersitz aus dem Flugzeug herauskatapultiert und durchschlug das Stalldach von der Hofstelle Nr. 11. Er war sofort tot.
Zur Zeit des Absturzes gegen 14.40 Uhr saßen Elsbeth Rosebrock und Erika Blome auf dem Freisitz vor Rosebrocks Haustür. Elsbeth Rosebrock schälte gerade Spargel, als sie das Flugzeug ankommen sah – ein sich drehender Feuerball. Dann knallte es auch schon. Im Wohnhaus befand sich die Tochter Edith Rosebrock (Otten), die gerade Hausaufgaben machte. Durch den Aufprall der Maschine wackelte das ganze Haus. Edith lief erschrocken zum Fenster, um zu sehen, was passiert sein könnte. Elsbeth und Erika standen an der Gartenpforte und schauten zum Stalldach hinüber. Ein Bild der Verwüstung bot sich ihnen.
Es waren zwei Löcher von der Straßenseite aus gesehen im Stalldach, eins durch den Piloten und eins durch den Schleudersitz. Der Pilot und der Schleudersitz blieben auf dem Stallboden liegen. Die Dachpfannen auf der Rückseite des Daches wurden durch den Druck abgedeckt. Das Flugzeug war durch einen Freiraum zwischen dem Wohnhaus und Stall hindurch geflogen.
Dann rasierte das Flugzeug den kleineren Kastanienbaum im Hof ab, der direkt neben dem Schuppen von Claußens steht. Dadurch wurde das Flugzeug heruntergezogen und schlug vor dem Wohnhaus Gutjahr in den Boden, wo jetzt ein Gänsestall von Willi Quast aufgestellt wurde. Es kam zu einer Explosion, und die Einzelteile des Flugzeugs wirbelten durch die Luft. Beim Aufprall lief Benzin aus, und die Erde stand in Flammen. Das Triebwerk landete auf dem Flur in Wohnhaus Gutjahr und fing sofort Feuer. Die Bewohner retteten sich durchs Fenster. Im Haus befanden sich zu dem Zeitpunkt Opa Karl Gutjahr, Oma Grete Gutjahr (inzwischen beide verstorben), Karl und Inge Gutjahr und Andreas Willenbokel (Enkel von Karl und Inge, Sohn von Roswitha Willenbokel, geb. Gutjahr). Der Opa war schon sehr gebrechlich, schaffte es aber dennoch, aus dem Fenster zu kommen.
Weitere Teile des Flugzeugs flogen über das Wohnhaus von Hartmut Helmke in den angrenzenden Stall, der dann ebenfalls Feuer fing. Im Wohnhaus Helmke schlief der Opa Hermann (inzwischen verstorben) in einem Zimmer zur Seite nach Gutjahr. Henning Helmke (Sohn von Hartmut Helmke) war immer um das Haus gelaufen und bei Opa ins Schlafzimmerfenster eingestiegen. Er war gerade wieder eingestiegen als der Absturz geschah.
Anwohner alarmierten sofort die Feuerwehr. Die Brände konnten rasch gelöscht werden dank des Einsatzes der Nachbarwehren aus Hohenaverbergen, Eitze und Verden.
Friedhelm Rosebrock war zur Zeit des Absturzes mit dem Auto in Eitze unterwegs. Als er nach Hause fahren wollte, war Luttum bereits rundherum abgesperrt. Die Bundeswehr, Feuerwehr, Polizei und Technisches Hilfswerk waren in Luttum eingesetzt. Im Haus Rosebrock war die Tür zur Diele abgesperrt. Der Boden, auf dem der Pilot lag, wurde ständig bewacht.
Die einzelnen Flugzeugteile wurden sofort aufgesucht. Die Absperrung war solange vorhanden, bis alle einzelnen Teile gefunden waren. Der Pilot wurde am nächsten Tag von der holländischen Einheit abgeholt. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.
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7.17 Dorfplatz Luttum
Bereits im Jahre 1988 wurde im Investitionsplan des Gemeindehaushaltes der Gemeinde Kirchlinteln auf Antrag eines Luttumer Ratsherren ein Betrag für den Ankauf eines Dorfplatzes in der Ortschaft Luttum ausgewiesen. Die Gemeinde versuchte zunächst, ein Grundstück am Allerweg zu erwerben, doch bot sich im Frühjahr 1992 die zentral im alten Ortskern gelegene ehemalige Hofstelle der Familie Gödecke, Haus-Nr. 5, zum Ankauf an. Der Hoferbe Wilhelm Hermes jun. unterzeichnete am 7. Mai 1992 den Kaufvertrag mit der Gemeinde Kirchlinteln. Für die 3.869 Quadratmeter wurden bei einem Kaufpreis von 60 DM pro Quadratmeter 232.140 DM an den Vorbesitzer gezahlt zzgl. 10.000 DM für die Scheune.
Die Nutzung des Dorfplatzes stand dem Nachbarn Heinz Funke für den Austrieb von Vieh weiterhin zu. Auch konnte er den Maschinenschuppen kostenfrei bis zur Aufgabe der Landwirtschaft im Jahre 1997 nutzen. Die Scheune wurde noch bis zum 30. September 1997 an den Landwirt Dieter Hogrefe für 600 DM jährlich verpachtet.
Nachdem der Heimatverein sein Backhaus auf dem Dorfplatz errichtet hatte, wurde der Platz mehr und mehr für Feierlichkeiten, wie Erntefest, Kartoffelfeuer, Feuerwehrveranstaltungen, Backtage, „Autofreier-Sonntag“ und einiges mehr im Jahr genutzt. Dadurch erhielt der Platz allmählich den Charakter eines Dorfplatzes.
Im Rahmen der Dorferneuerung wurde der Ankauf nachträglich durch das Amt für Agrarstruktur bezuschusst.
Die Gemeinde Kirchlinteln beschloss im Oktober 1995, dass Scheunengebäude zur Substanzerhaltung zu sanieren. Dabei war geplant, die äußere Hülle zu erhalten bzw. das Dach zu erneuern. Die Kostenschätzung des Architekten Nordhausen für die Sanierung einschließlich der neu zu schaffenden Maueröffnung mit Fenstern und Tür ergab die Höhe von 148.000 DM. Für Maßnahmen im Freien, wie Ergänzung der Pflasterung mit Findlingspflaster, Erneuerung des Zaunes einschließlich des Tores wurden 47.000 DM eingesetzt.
Das Feuerwehrgebäude in Luttum an der Bergstraße, Ecke des Grevenskampweges gegenüber der ehemaligen Dorfschule gelegen, benötigte eine Dachsanierung in Höhe von zunächst 40.000 DM geschätzten Baukosten. Später ergab sich noch eine Umplanung, als im Rahmen der Dachsanierung die Option für einen späteren Ausbau und Nutzung des Dachgeschosses offen gehalten wurde. Die Kosten hierfür wurden auf ca. 68.000 DM geschätzt.
Seitens der Ortsfeuerwehr Luttum wurde dann eine Aufstockung geplant, um eine Verlegung des Mannschaftsraumes in das Obergeschoss zu erreichen. Im Erdgeschoss sollte damit ein Sanitärbereich für Damen und ein zusätzlicher Raum für die Lagerung von Bekleidung und Ausrüstung geschaffen werden. Diese Kosten wurden dann auf insgesamt 150.000 DM geschätzt. Die Finanzierung sollte in zwei Abschnitten erfolgen. Diesen Beschluss fasste dann der Planungs-, Bau- und Verkehrsausschuss im Juni 1995. Nach einer Bauausschusssitzung wurde der Vorschlag von Ratsherren unterbreitet, die Freiwillige Feuerwehr Luttum im Scheunengebäude mit unterzubringen. Im März 1996 fand zunächst ein Erörterungsgespräch mit den örtlichen Damen und Herren des Rates, der Freiwilligen Feuerwehr Luttum und Mitgliedern der Verwaltung statt. Die bereits gefassten Beschlüsse wurden gestoppt und nach reiflicher Überlegung erklärte sich die Freiwillige Feuerwehr bereit, in das Scheunengebäude auf dem Dorfplatz nach Sanierung und Umbau umzuziehen.
Das Architekturbüro Müller & Partner aus Verden wurde beauftragt, Varianten zu entwickeln und eine Kostenschätzung zu erstellen. Seitens der Feuerwehr wurde ein Eigenvorschlag von Gerd Blome entwickelt, der im Wesentlichen mit einfloss.
Der Antrag des Ortsvorstehers auf Schaffung eines Jugendraumes fand ebenfalls Berücksichtigung.
Im Dezember 1996 stellte das Architekturbüro seine Zeichnungen und Kostenschätzungen vor. Die Baukosten wurden auf 414.575 DM geschätzt.
Bereits 1996 wurde ein Staketenzaun zum Bruttopreis von 19.660,69 DM an der Dorfstraße errichtet.
Der Gemeinderat beschloss, 350.000 DM für die Sanierung der Scheune einschließlich Innenausbau für die Feuerwehr, Jugendraum und den Sanitärbereich bereitzustellen. Nicht enthalten und eingeplant war der Ausbau der eigentlichen Scheune als Halle.
Die Freiwillige Feuerwehr und die örtlichen Vereine bekundeten, den Kostenansatz durch Eigenleistungen zu reduzieren.
Die Aufträge wurden im September 1997 durch die Gemeinde vergeben.
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7.20 Baden und Schwimmen
Zwischen den beiden Weltkriegen und nach dem zweiten Weltkrieg, als selbst die Stadt Verden nur ein Schwimmbad an der Aller unterhielt, welches sich unterhalb der Dekanei in der Nähe des Vereinsheimes des Rudervereins befand, gingen die Luttumer Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen auch in der Aller baden und schwimmen. Die Wasserqualität Aller war damals so gut, dass niemand Bedenken wegen etwaiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen hatte. Erst als die Belastung des Allerwassers in den Sechzigerjahren immer mehr zunahm, wurde der Badebetrieb aufgegeben.
Die Luttumer Badestelle befand sich am Ufer der Müllerschen Weide etwa 200 m flussaufwärts des jetzigen Schöpfwerks des Wasser- und Bodenverbandes Hohenaverbergen/ Luttum. Sie war circa 70-80 m lang und hatte einen je nach der Wasserhöhe der Aller breiten Strand mit feinem, weißem Sand. Dieser Sand hatte sich Jahrhunderte lang hinter der starken Flusskrümmung auf der rechten Allerseite abgelagert.
Wegen der in früheren Jahren schnellen Fließgeschwindigkeit der Aller, die erst durch den Bau der Staustufe in Intschede etwas gebremst wurde, war das Baden und Schwimmen eigentlich nur geübten Schwimmern möglich, und diese warfen aber immer auch ein waches Auge auf weniger Geübte und Kinder. Besonders zu Beginn der Badesaison hatten sich durch wechselnde Strömungen nach den Winterhochwassern im seichteren Teil oft Untiefen gebildet, die Nichtschwimmern gefährlich werden konnten.
Am gegenüberliegenden linken Ufer befand sich auch die Badestelle der Ortschaft Ahnebergen, die allerdings keinen Sandstrand wie auf der Luttumer Seite hatte. Im Sommer, besonders in der Erntezeit, nahmen die Erntehelfer nach ihrer schweren und staubigen Arbeit bei der Heu- und Getreideernte ein erfrischendes Bad in der Aller. Oft herrschte auf beiden Seiten der Aller abends bis in die Dämmerung ein lautes und lustiges Treiben und manchmal erschall der Ruf von der Luttumer Seite: „Marschquappen“ und zurück kam dann „Geestbeene“. Versierte Schwimmer von beiden Seiten überquerten die Aller und besuchten sich gegenseitig. Auch die Handballer des SV Eitze, zu denen einige Luttumer gehörten und die auf dem schwarzen Sandplatz (ehemaliger Reitplatz) in Bessern ihre Punktspiele in der Bezirksliga Bremen austrugen, spülten sich den schwarzen Staub bei der Luttumer Badestelle ab.
Um überhaupt in der Aller baden und schwimmen zu dürfen, brachten sich viele Luttumer Kinder und Jugendliche das Schwimmen selbst bei. „Neehus Diek“ war dafür bestens geeignet. Der Teich lag und liegt heute noch im Flurstück 74 „Kohlhöfe“, etwa 200 Meter rechter Hand des Feldweges von Luttum nach Eitze. Der Teich ist flach und hat im vorderen Teil eine Wassertiefe zwischen einem halben und einem Meter, vor dem Überlauf in einen Graben etwa eineinhalb Meter. Er wird aus mehreren Quellen gespeist und hat somit eine sehr gute Wasserqualität. In den Monaten Mai und Juni wimmelt es besonders am Uferrand von Kaulquappen („Piedelpörge“). In der Mitte des Teiches befindet sich eine Insel. Damals standen am Rand und auf der Insel hohe Birken und Erlen und der Teich war für die Luttumer frei zugänglich, heute ist er privat verpachtet und das Grundstück ist eingezäunt. Als das Baden wegen zunehmender Wasserverschmutzung der Aller unmöglich wurde, badete man ab Ende der Fünfzigerjahre in der Mergelkuhle unweit der Straße „Vor den Schüttenbrüchen“. Auch hier war die Wasserqualität sehr gut, aber die Kuhle hat auch im Hochsommer sehr kühles Wasser, welches sich nur an der Oberfläche bis zur Wassertiefe von circa einem Meter durch Sonneneinstrahlung erwärmt.
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IV. Landwirtschaft
17. Wasser- und Bodenverband Hohenaverbergen und Luttumer Marsch
Seit dem Jahre 1954 kam es immer häufiger zu Überflutungen der Aller. Zwar war Hochwasser in der Winterzeit nicht ganz unerwünscht, da die fruchtbaren Schwemmteile aus dem Leinetal einen Düngereffekt hatten, trotzdem richteten die Frühjahrs- und Sommerhochwasser immer Schaden an. Heuernten wurden vernichtet und die Folge war, dass Winterfutter für das Vieh zugekauft werden musste. Das Gebiet der Hohenaverberger und Luttumer Marsch konnte ausschließlich als Wiese und Weide genutzt werden. Ebenso waren die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse völlig unbefriedigend. Wegen fehlender oder mangelhafter Vorflutgräben konnte das ausgeuferte Wasser nach dem Fallen des Wasserstandes der Aller nicht schnell genug von den Flächen ablaufen. Die landwirtschaftliche Nutzung wurde immer unrentabler.
Am 22. Juni 1961 fasste der niedersächsische Landtag unter dem Eindruck der immer wiederkehrenden Hochwasserkatastrophen die Entschließung, im Flussgebiet der Aller, Leine und Oker wasserbauliche Maßnahmen durchzuführen. Damit war der „Aller-Leine-Oker-Plan“ geboren. Der Plan sah eine Rückhaltung des Hochwassers durch Talsperren und Rückhaltebecken an der Oker und Leine vor, weiter die Vergrößerung der Abflussprofile in den Mittelläufen der Oker, Leine und Aller sowie die Erhöhung und Verstärkung der Hochwasserdeiche. Für schutzwürdige, zusammenhängende größere Flächen, so wie sie auf der rechten Allerseite im Raum Otersen und Hohenaverbergen/ Luttum zu finden sind, sollten Sommerpolder geschaffen werden.
Diese Sommerpolder entstehen durch Deiche, die ringförmig geführt, ein vor Sommerhochwasser geschütztes Gebiet schaffen. Dies bedeutete, dass solche Flächen vor allem sicherer landwirtschaftlich genutzt werden konnten.
Nun wurde es erforderlich, einen Verband zu gründen. Denn die Behörden brauchten einen Ansprechpartner. Bereits im August 1961 fanden Vorgespräche in Bezug auf die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes zwischen dem Kreisbaurat Lewandowsky und den Bürgermeistern von Luttum, Wilhelm Meyer, und Hohenaverbergen, Ernst Heemsoth, statt. Im Sommer 1962 wurde das Teilnehmerverzeichnis aufgestellt und die Unterlagen für die Verbandsgründung wurden dem Regierungspräsidenten in Stade vorgelegt.
Am 6. Februar 1963 fand die Gründungsversammlung des „Wasser- und Bodenverbandes Hohenaverbergen und Luttumer Marsch“ im Gasthaus Drommelbeck in Hohenaverbergen statt. Geladen waren alle Besitzer, deren Flächen im Verbandsgebiet lagen. Darunter waren auch Mitglieder aus Armsen, Neddenaverbergen, Kirchlinteln sowie den Gemeinden, die heute zur Stadt Verden gehören, wie Borstel, Eitze und Scharnhorst. Sie besaßen Flächen in den Luttumer Wiesen.
Das Verbandsgebiet umfasst das gesamte Marschgebiet Hohenaverbergen-Luttum unter Einschluss der Exklave Gemarkung Barnstedt oberhalb der Mündung des alten Drommelbecks in die Aller und hat eine Größe von rund 480 Hektar. Das Gebiet wird im Westen von der Aller und im Osten von den Geesthängen begrenzt und reicht im Norden bis an die Ortslage Eitze, während im Süden die Lehrde die Grenze zum Nachbarverband „Untere Lehrde und Vethbach“ in Otersen bildet.
Zum ersten Verbandsvorsteher wurde Georg Heemsoth aus Hohenaverbergen gewählt, sein Stellvertreter war Hermann Hoops aus Luttum. Heemsoth legte 1973 sein Amt nieder. Seit dem 22. November 1973 ist Hans Kaese, Hohenaverbergen, Verbandsvorsteher.
Nach Gründung des Verbandes konnte damit begonnen werden, die größte Fläche des Verbandsgebietes durch Sommerdeiche gegen Hochwasser in der Vegetationszeit zu schützen. Dafür wurden beträchtliche Mittel aus dem Aller-Leine-Oker-Generalplan bereitgestellt.
1968 wurde mit den Baumaßnahmen begonnen. Zunächst wurde parallel der Verbandsgrenze am Lehrdeufer ein Rückstaudeich von rund 2,5 km Länge von der Lehrdemündung bis zum Geestrand angelegt. Hierdurch wird verhindert, dass bei Hochwasser der Aller die Lehrde durch das eingesaute Allerwasser über die Ufer tritt und das Verbandsgebiet von Süden überschwemmt. Anschließend wurde die Westseite durch einen rund 3,4 km langen Sommerdeich bis zum Geestrand in Höhe der Ortslage Luttum gegen Sommerhochwasser der Aller geschützt. Dieser Deich erhielt eine Kronenbreite von 2,00 m und eine Böschungsneigung von 1:7 nach binnen wie auch nach außen. Durch diese flachen Böschungsneigungen kann der Deichkörper bei normalen Wasserständen als Grünland genutzt werden.
Mit den letzten Arbeiten am Allerdeich im Jahre 1972 wurde dann der Deichschutz für den Polder vervollständigt. Die Bodenentnahme für den Allerdeich sowie für die Verwallung am Drommelbeck erfolgte aus dem Grundstück am heutigen Osterfeuerplatz. Besitzer war die Landwirtin Ilse Bartholomäus in Luttum.
Durch den Deichbau wurde die Entwässerung der Flächen zur Aller hin unterbrochen, sodass es notwendig wurde, für den Polder ein Entwässerungssystem zu schaffen. Als neuer Hauptvorfluter durchzieht der Marschgraben mit einer Länge von rund 2,1 km das Verbandsgebiet von Südosten bis Nordwesten. Als Nebenvorfluter wurden noch rund 4,0 km Gräben ausgebaut. Die Gräben sind so tief angelegt, dass alle Flächen des Poldergebietes gedränt werden können.
Der Drommelbeck, der das Verbandsgebiet in N-S-Richtung durchzog, wurde ebenfalls verlegt. Für den Drommelbeck wurde daher etwa 200 m nach Eintritt in das Verbandsgebiet ein neuer Bachlauf ausgebaut. Dieser wurde außerhalb des Poldergebietes parallel des Geestrandes in O-W-Richtung auf eine Länge von rund 2,1 km bis zur Aller geführt und mit einem Rückstaudeich ausgestattet. Diese Verlegung war notwendig, um das einströmende Fremdwasser aus der Geest nicht in den Polder gelangen zu lassen, sondern gleich in die Aller abzuleiten. Zur Vermeidung großer Unterhaltungskosten am neuen Drommelbeck wurde unmittelbar nach Eintritt des Drommelbecks in das Verbandsgebiet ein Sandfang mit zwei Kaskadensohlabstützen eingebaut.
Im Jahre 1972 wurde im Bereich der Luttumer Wiesen an der Aller mit dem Bau eines Schöpfwerkes begonnen. Nach Abschluss der letzten technischen Arbeiten konnte es 1974 in Betrieb genommen werden. Durch dieses Schöpfwerk kann der Wasserstand im ausgebauten Grabensystem auf einer gewollten Höhe gehalten werden. Das Schöpfwerk ist mit zwei „Köster Propellerpumpen“ von je 500 Liter Leistung pro Sekunde ausgerüstet. Eine Schwimmerschaltung schaltet die Pumpen auf vorher festgelegte Wasserstände automatisch ein und aus.
Außerdem wurden Wirtschaftswege und Brücken im Polargebiet gebaut.
Dank des Polders können die Landwirte ihre Flächen im Bereich der Luttumer Wiesen und in der Hohner Marsch wesentlich intensiver als früher nutzen. Flächen konnten umgebrochen werden, sodass neben Weidenutzung auch hier Ackerbau möglich wurde.
Die Sommerhochwasser werden durch die Deiche völlig vom Polder zurückgehalten. Schutz vor Winterhochwassern bieten die Deiche allerdings nicht. So wurde der Polder in den Jahren 1981, 1987 und 1994 überflutet. Das Wasser richtete jedes Mal erheblichen Schaden an.
Am 30. Januar 1995 schlossen sich der „Wasser- und Bodenverband Hohenaverbergen und Luttumer Marsch“ und der „Drommelbeckverband Armsen“ zu einem Verband zusammen. Der stetige Rückgang der noch wirtschaftenden Landwirte hatte dazu geführt, dass einige gewählte Verbandsorgane in beiden Verbänden tätig sein mussten.
Der vereinigte Verband wird jetzt unter dem Namen „Wasser- und Bodenverband Hohenaverbergen-Luttum-Armsen“ geführt.
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VI. Verkehr und Post
1. Kleinbahn Verden - Walsrode
Bereits um die Jahrhundertwende gab es Pläne zum Bau einer Kleinbahn zwischen Verden und Walsrode. Vorgesehen war zunächst eine Schmalspurbahn, die von Verden über Eitze, Luttum, Hohenaverbergen, Armsen, Neddenaverbergen bis Stemmen und dann weiter über Südkampen, Vethem, Kirchboitzen, Altenboitzen, Hollige, Benzen nach Walsrode führen sollte. Aufgrund fehlender Rentabilität in dieser ländlichen Region ruhte das Projekt vorerst. 1906 wurden in Groß-Häuslingen Kalisalze gefunden, und die Bergwerksgesellschaft Aller-Nordstern begann mit der Förderung. Die Kaliwerke waren an einem möglichen Eisenbahnanschluss sehr interessiert. Der ursprüngliche Plan einer Schmalspurbahn wurde fallen gelassen. Stattdessen sollte nun eine Kleinbahn mit Normalspur gebaut werden, um einen ungehinderten Weitertransport von Gütern auf der Staatsbahn zu ermöglichen. Im Sommer 1908 wurde die neue Streckenführung über Klein- und Groß-Häuslingen festgelegt und vermessen.
In der am 18. Juli 1909 in Luttum einberufenen Gemeindeversammlung wurde folgender einstimmiger Beschluss gefasst: „ Die Gemeinde beteiligt sich an der Begründung einer Gesellschaft zum Bau und Betrieb einer vollspurigen Kleinbahn von Verden nach Walsrode mit einer Summe von 10.000 Mark, geschrieben: Zehntausend Mark. Zur Beschaffung dieser Summe soll bei der Spar- und Leihkasse des vormaligen Amtes Verden eine Anleihe in gleicher Höhe aufgenommen werden, welche mit dem für hypothekarische Darlehen der Sparkasse jeweilig zu zahlenden Zinsfuße zu verzinsen und derart zu tilgen ist, dass von der ursprünglichen Schuldsumme an Zinsen und Abtrag jährlich mindestens 5 % zu zahlen sind.“
Am 8. Februar 1910 wurde dann die „Kleinbahn Verden-Walsrode GmbH“ in Verden gegründet. Gesellschafter waren der Preußische Staat mit einer Stammeinlage von 500.000 Mark, die Provinz Hannover (ebenfalls 500.000 Mark), die Stadt Verden (30.000 Mark), der Kreis Fallingbostel (130.000 Mark), die Bergwerksgesellschaft Aller-Nordstern in Groß-Häuslingen (290.000 Mark) und sieben an der Bahnstrecke gelegene Kreisverdener Landgemeinden (Eitze, Luttum, Hohenaverbergen, Armsen, Neddenaverbergen, Stemmen und Otersen) mit insgesamt 100.000 Mark. Das Stammkapital betrug somit 1.650.000 Mark. Geschäftsführer der Gesellschaft wurde Landrat Dr. Seifert. Am 10. Februar wurde die Konzession für 99 Jahre von der Regierung in Stade erteilt.
In März 1910 begannen die Arbeiten an der 37,8 Kilometer langen Bahnstrecke.
Entlang der Strecke wurden Bahnhöfe und Haltepunkte errichtet. Die Schulchronik berichtet dazu Folgendes: „Für die Gemeinde Luttum wird zu Bessern etwa in einer Entfernung von sechs bis acht Minuten vom Dorfe ein Haltepunkt angelegt werden, da die Bahnhöfe Drommelbeck (Hohenaverbergen) und Eitze unserem sehr nahe liegen.“
Am 17. Dezember 1910 konnte der planmäßige Verkehr auf der Teilstrecke von Verden nach Altenboitzen und drei Tage später bis Vorwalsrode aufgenommen werden. Zuerst fuhren täglich drei Züge in jede Richtung. Nach Fertigstellung der Böhmebrücke konnte auch das letzte Teilstück bis Walsrode am 2. März 1911 für den Verkehr freigegeben werden. Auf der gesamten Strecke verkehrten an Werktagen vier gemischte Züge und an Feiertagen nur Personenzüge.
„Die Eröffnung der Bahn brachte ungewohnten, lebhaften Verkehr in unsere sonst zu stillen Dörfer. Von Anfang an waren die laufenden Züge mit Person immer voll besetzt“, so beschreibt Lehrer Thiele die Situation in der Schulchronik.
Die Gemeinde Luttum hatte zwar eine Haltestelle an der Bahnstrecke bekommen, aber es fehlte ein Wartehäuschen. Die Bahnverwaltung verweigerte die Genehmigung. Unmut regte sich bei der Dorfbevölkerung. Der Luttumer Lehrer schreibt dazu in der Schulchronik:
„Die eintreffenden wie mitfahrenden Reisenden auf unserem Haltepunkte hatten das nicht beneidenswerte Vergnügen, bei jeder vorkommenden Witterung, ob Sturm oder Regen, eine Promenade in Gottes freier Natur, des Abends sogar in größter Finsternis, denn eine Beleuchtung gab es auch nicht, zu machen.“ Schließlich bewilligte die Bahnverwaltung eine Wartebude für die Luttumer Haltestelle und deren Beleuchtung. Allerdings war die Gemeinde selbst für die Unterhaltung und Bedienung des Lichtes zuständig. Der Anbauer und Schumacher Diedrich Hogrefe (Nr. 41) übernahm dieses Amt im Auftrag der Gemeinde. Als Entschädigung erhält er 40Mark im Jahr aus der Gemeindekasse. Ebenfalls stellte die Gemeinde auf eigene Kosten einen Weg in gerader Richtung vom Dorf bis zur Haltestelle her (früher Bahnhofsweg; heute Allerweg), damit die Luttumer möglichst schnell zu dem südlich der Landstraße Verden-Walsrode gelegenen Haltepunkt der Kleinbahn gelangen konnten.
Der Fahrkartenverkauf erfolgte im Gasthaus Hellwinkel (Dorfstr. 28).
Durch den Bau der Kleinbahn wurde der Pferdepostwagen überflüssig und stellte seinen Dienst im Dezember 1910 ein. Vom 2. Januar 1911 an wurden Postsachen mit der Bahn befördert.
Am 1. Mai 1924 wurden die Kaliwerke in Groß-Häuslingen stillgelegt. Ein wichtiger Gesellschafter der Bahn ging verloren, und auch der Güterverkehr nahm ab. Die finanzielle Lage der Bahn verschlechterte sich zwangsläufig.
In den dreißiger Jahren wurde es notwendig, den Oberbau (Gleise) zu erneuern. Weil entsprechende Geldmittel fehlten, wurde beschlossen, den mittleren Streckenabschnitt zwischen Stemmen und Böhme (13,4 Kilometer) stillzulegen und abzubrechen, um so die notwendige Sanierung finanzieren zu können. Am 31. Oktober 1936 fuhr der letzte Zug durch Otersen, Häuslingen und Altenwahlingen. Auf der verbleibenden Teilstrecke Verden-Stemmen wurde der Personen- und Güterverkehr beibehalten, während auf dem Abschnitt Walsrode-Böhme lediglich Güterverkehr stattfand. Ebenfalls wurden die kostenaufwändigen Dampfzüge von Triebwagen abgelöst.
Wegen Kriegseinwirkung wurden die beiden Teilstrecken ab dem 13. April 1945 nicht mehr befahren. Ein ordnungsmäßiger Bahnbetrieb war durch die Kriegsschäden nicht mehr gewährleistet. Bereits am 21. Juni 1945 konnte der erste Zug auf der Strecke Verden-Stemmen wieder fahren. Nachdem die zerstörte Böhmebrücke wieder errichtet worden war, verkehrte die Bahn auf der Teilstrecke Böhme-Walsrode ab 16. Mai 1946.
In Luttum wurden 1938 insgesamt 2.474 Fahrkarten verkauft. 1952 waren es 2.796 Fahrkarten und 1958 waren es sogar 7.718 Karten.
In den 60er Jahren ging der Personenverkehr auf den beiden verbliebenen Strecken allerdings zurück, sodass der Personaltransport nach und nach von Omnibussen der Kleinbahn übernommen wurde. Der letzte Personenzug fuhr am 27. September 1969. Lediglich Güterverkehr findet heute noch auf der Schiene statt.
Seit dem 1. Juli 1972 ist für die früheren, jetzt nicht mehr selbstständigen Gemeinden Luttum, Hohenaverbergen, Armsen, Neddenaverbergen und Stemmen laut Gesellschafterbeschluss die Gemeinde Kirchlinteln alleiniger Gesellschafter geworden. Neben der Gemeinde Kirchlinteln sind heute die Landkreise Verden und Soltau-Fallingbostel und die Stadt Verden Gesellschafter der Verden-Walsroder Eisenbahn.
Auf dem Streckenabschnitt Verden-Stemmen werden seit einigen Jahren von einem privaten Eisenbahnverein gelegentlich Sonderfahrten in Personenwaggons angeboten, die an die „gute alte Zeit“ der Personenbeförderung auf dem Schienenweg erinnern.
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VII. Öffentliche Einrichtungen
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2. Kirche
Luttum gehörte über Jahrhunderte zur St.-Andreasgemeinde in Verden. Die Bauern von Luttum hatten früher an die Kirche jährlich Abgaben zu leisten für den Pastor und den Küster. Es waren überwiegend Naturalleistungen (z.B. Getreide und Brot) zu erbringen.
Anfang der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts wurde eine Neugliederung der St.-Andreasgemeinde notwendig. Ausschlaggebend war vor allem die unterschiedliche Größe der Nachbargemeinde Wittlohe. Zum Vergleich: In der Kirchengemeinde Wittlohe gab es rund 1600 Seelen, während die St.-Andreasgemeinde von 5400 Seelen gebildet wurde.
Zum 1. Januar 1973 wurde der Ausgleich vorgenommen und einige Dörfer umgemeindet. Die Einwohner von Armsen, Hohenaverbergen und Luttum wurden von St. Andreas in Verden ausgegliedert und in die Gemeinde Wittlohe eingemeindet.
3. Der Friedhof
Die Verstorbenen der zum Dom und zur St.-Andreaskirche gehörenden Landgemeinden wurden über Jahrhunderte auf dem Kirchhof zwischen dem Dom und der St.-Andreaskirche in Verden beigesetzt. Dieser Begräbnisplatz besteht jetzt nicht mehr. Hier befindet sich heute der Domplatz. Durch das Anwachsen der Bevölkerung war dieser Kirchhof gegen Ende des 18. Jahrhunderts völlig überbelegt. Ein neuer Friedhof musste geschaffen werden.
Zu diesem Zweck wurde der vor den Mauern der Stadt – im Bereich Andreaswall/ Eitzer Straße – gelegene Garnisonsfriedhof erweitert. 1796 wurde für die Dom und St.-Andreasgemeinde auf dem Gelände hinter dem Garnisonsfriedhof die neue Begräbnisstätte mit 72 Grabreihen angelegt. Sie erhielt den Namen Domfriedhof. Jedes Dorf bekam bestimmte Grabreihen zugeteilt. Dem Belegungsplan von 1798 ist zu entnehmen, dass für Luttum drei Grabreihen im nördlichen Teil des Friedhofs vorgesehen waren. Es waren die Reihen 16, 17 und 18 mit den Nummern 64 bis 85.
Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert trat Platzmangel auf dem Domfriedhof ein und eine Vergrößerung wurde dringend erforderlich. In dieser Zeit legten deshalb viele Landgemeinden einen dorfeigenen Friedhof an, so auch die Nachbardörfer Armsen, Hohenaverbergen und Neddenaverbergen. Luttum aber blieb weiterhin auf dem gemeinschaftlichen Friedhof in Verden. Um dort ihre Verstorbenen zu bestatten, mussten die Luttumer Einwohner stets einen mehrere Kilometer langen und beschwerlichen Weg mitsamt dem Leichnam zurücklegen. Im Jahre 1900 gründeten die Luttumer deshalb einen Beerdigungsverein. Dazu aber an an anderer Stelle mehr.
Durch die Schulchronik wissen wir, dass Luttum zu Beginn dieses Jahrhunderts den Wunsch hegte, selbst einen Friedhof im Dorf anzulegen. Im Jahre 1912 beschreibt Lehrer Thiele dazu folgendes: „…Leider ging bei dem Verkauf der Lindhorstschen Höfe ein Wunsch der Gemeinde nicht in Erfüllung: Lindhorst hatte vor Jahren mehrmals die bestimmte Absicht ausgesprochen (und darüber oftmals mit dem Lehrer Thiele verhandelt), ein Grundstück, welches sich besonders dazu eignete, der Gemeinde als Friedhof zu überweisen, da die Gemeinde den Wunsch hatte, einen eigenen Friedhof zu haben…“
Am 22. Januar 1915 beschäftigte sich auch die Gemeindeversammlung mit dem Thema Friedhof und fasste den Beschluss: „Gegen den Ankauf eines Grundstückes zum Kirchhof wurde kein Widerspruch erhoben, sondern wurde der Antrag einstimmig angenommen.“ Doch durch den ersten Weltkrieg wurde dieses Vorhaben vorerst nicht weiter verfolgt.
Erst Anfang der zwanziger Jahre wurde das Projekt Dorffriedhof realisiert.
Im Jahre 1920 erklärte sich auch der Kirchenvorstand der St. Andreasgemeinde Verden grundsätzlich damit einverstanden, dass für die Einwohner der Ortschaft Luttum ein eigener Dorffriedhof angelegt würde. Auf der Kirchenvorstandssitzung am 1. April 1921 erging dazu der folgende Beschluss: „ Der Küchenvorstand beschließt auf Antrag der Gemeinde Luttum ein Nebenfriedhof anzulegen. Der Kirchhof wird der Aufsicht des Küchenvorstandes unterstellt. Die Kosten der Anlage und die Unterhaltung des Kirchhofes trägt die Gemeinde Luttum. An dem bisherigen Gesamtfriedhof (Domfriedhof in Verden) der Gemeinde bleibt die Gemeinde wie bisher beteiligt. Es steht ihr frei und ist erwünscht, wenn sie die noch unbesetzten Plätze an den Kirchenvorstand zurückverkauft.“
Noch im gleichen Jahr überließ der Anbauer Heinrich Meinke, Nr. 53, der Gemeinde Luttum ein 3.496 Quadratmeter großes Grundstück am heutigen Grevenskampweg zur Anlage des Dorffriedhofes. Meinke erhielt dafür im Austausch ein Stück des Schullandes. Das Friedhofsgrundstück wurde sodann an die Kirchengemeinde St.-Andreas Verden zum Eigentum übertragen. 1922 wurde der Gemeindefriedhof vermessen und zunächst mit einem Drahtzaun eingefriedet. Erst um 1930 wurde dann eine Hecke um den Friedhof herum angepflanzt. Nach dem Vermessungsarbeiten erfolgte die Auslosung und Zuteilung der bestellten Begräbnisplätze an die Luttumer Einwohner. Die feierliche Einweihung des Luttumer Friedhofes fand schließlich am 26. Januar 1923 durch Pastor von Bremen von der St.-Andreaskirche statt. Zugleich wurde auch die erste Beisetzung vorgenommen. Es handelte sich um die Einwohnerin Meter Adele Tietje, Nr. 7b.
Durch den vermehrten Zuzug von Flüchtlingen und den Bau der Neusiedlung wurde es Anfang der Fünfzigerjahre notwendig, den Friedhof in Luttum zu vergrößern. Zu diesem Zweck verkaufte Friedrich Meinke, Nr. 53, ein Grundstück von 473 Quadratmetern, das sich südlich an den bestehenden Friedhof anschloss, an die Kirchengemeinde St.-Andreas in Verden. Den Kaufpreis hierfür zahlte allerdings die Gemeinde Luttum.
Im Zuge der Verhandlungen zwischen der Gemeinde Luttum und der Kirchengemeinde St.-Andreas um den Bau einer Friedhofskapelle wurde 1971 der kirchliche Friedhof von Luttum auf die Gemeinde übertragen.
Nachdem die Kapelle gebaut worden war, wurde der Friedhof noch einmal erweitert.
Seit Bestehen des Friedhofes in Luttum waren folgende Personen hier als Kuhlengräber tätig:
Heinrich Lindhorst, Nr. 39
Diedrich Herbst, Nr. 28
Sohn Adolf Herbst
Friedrich Lüdemann, Nr. 57
Helmut Bösenberg, Nr. 16
Seit Mitte der Achtzigerjahre werden die Gräber von Arbeitern des Bauhofes der Gemeinde Kirchlinteln ausgehoben.
Den Gemeindeakten ist zu entnehmen, dass beispielsweise der Kuhlengräber Diedrich Herbst im Jahre 1932 für das Ausheben eines großen Grabes (Erwachsenengrab) sechs Mark und für ein Kindergrab lediglich drei Mark erhielt.
In der Regel waren die Kuhlegräber auch als Friedhofswärter tätig (Reinigung der Wege, Schneiden der Hecken usw.).
3.1. Friedhofskapelle
Seit alters her war es üblich, die Toten bis zur Beerdigung im Sterbehaus aufzubahren. Dort wurde auch die Trauerfeier auf der Diele abgehalten. In den neueren Siedlungshäusern war das nicht mehr möglich. Nach 1964 war die Aufbahrung von Toten auch in den Bauernhäusern nur noch mit behördlicher Genehmigung erlaubt und in mehrgeschossigen Siedlungsbauten überhaupt nicht mehr gestattet. Vor allem hygienische Gründe sprachen gegen eine Aufbahrung in Wohnhäusern. Es musste also dringend Abhilfe geschaffen werden durch den Bau einer Friedhofskapelle mit Leichenkammer.
Bereits im Jahre 1965 wurde vom Verwaltungsausschuss der Gemeinde Luttum und dem Kirchenvorstand der St.-Andreaskirchengemeinde über die Errichtung einer Friedhofskapelle beraten. Alle Parteien waren sich einig, möglichst bald ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Es folgten jedoch langwierige Verhandlungen um die Finanzierung. Nach Ansicht der Gemeinde sollte die Kirchengemeinde als Eigentümerin des Friedhofes Luttum die Friedhofskapelle bauen lassen. Die Kirchengemeinde sah sich aber mangels finanzieller Mittel außerstande, in naher Zukunft eine Friedhofskapelle zu errichten.
Anfang der Siebzigerjahre kam es schließlich zu der zu einer Einigung. Die Gemeinde Luttum erklärte sich bereit, ein geeignetes Grundstück in Friedhofsnähe zu erwerben und die Kosten für den Kapellenbau zu tragen. Im Gegenzug dazu wurde der seit 1921 kircheneigene Friedhof in Luttum kostenlos der Gemeinde übereignet.
Zunächst kaufte die Gemeinde von Frieda Hermes, Luttum Nr. 9, eine circa 2000 Quadratmeter große Fläche an der Bergstraße. Dieses Gelände schloss südlich an den Friedhof an. Mit der Bauplanung und -leitung wurde der Ingenieur Hermann Ueltzen aus Armsen, Nr. 49, im November 1971 beauftragt.
Die Erdarbeiten sowie die Herstellung der Fundamente und der Betonbodenplatte erfolgten von den Dorfbewohnern in Eigenhilfe. Außerdem wurde eine Spendensammlung in Luttum durchgeführt. Sie erbrachte rund 29.500 DM sowie als Sachspende einiger Luttumer Einwohner eine Glocke mit Läutewerk. An den Gesamtbaukosten von 150.000 DM beteiligte sich ebenfalls der Landkreis Verden mit einer Beihilfe.
Bereits im Juli 1972 – kurz nach Gebietsreform – waren die Bauarbeiten soweit fortgeschritten, dass die neue Kapelle gerichtet werden konnte.
Die Einweihung der Friedhofskapelle fand am 18. Februar 1973 statt. Nach der Schlüsselübergabe des Architekten H. Ueltzen an Ortsvorsteher Helmut Blome weihte Pastor Lühmann von der St.-Andreaskirche in Verden die neue Kapelle.
Der Andachtsraum der Friedhofskapelle kann bis zu 140 Personen aufnehmen. Weiterhin sind ein Aufbahrungsraum, ein Aufenthaltsraum für Pastoren, ein Geräteraum und eine Toilette vorhanden.
Die Kapelle wird nicht nur für Trauerfeiern, sondern auch für Gottesdienste und andere kirchliche Feierstunden genutzt.
Nach dem Bau der Friedhofskapelle wurde das Ehrenmal für die Gefallenen und Vermissten beider Weltkriege von seinem Standort auf dem Friedhof nun neben den Eingang der Kapelle umgesetzt.
3.2 Beerdigungsverein
In Luttum gab es einen Beerdigungsverein. Er wurde am 3. März 1900 gegründet. Alle Ortseingesessenen mit Ausnahme eines Anbauers traten dem Verein bei. Dem gewählten Vorstand gehörten der Dorflehrer Gustav Thiele und die Anbauern Hermann Grote und Heinrich Oestmann an. Ein Mitgliedsbeitrag wurde nur nach Bedarf erhoben, das heißt, wenn jemand im Ort verstorben war.
Zu dieser Zeit hatte Luttum noch keinen dorfeigenen Friedhof, sodass die Verstorbene auch weiterhin auf dem Domfriedhof in Verden bestattet werden mussten. Ein langer, beschwerlicher Weg war mit dem Leichnam zurückzulegen. Lehrer Thiele beschreibt die Situation vor Gründung des Vereins wie folgt. „Bislang war es beim Begräbnis eines Gemeindegliedes so gewesen, dass nur die dem Toten das letzte Geleit gaben, welche besonders dazu eingeladen waren. Die sog. Leichenfahrt wurde gewöhnlich von einem besonders dazu Erbetenen unentgeltlich getan. So kam es dann häufig vor, dass mancher in seinem Gefolge nur die Träger hatte und der Leichenfahrer dieses oft mit dem größten Widerwillen tat, eben weil nicht bezahlt wurde.“
Weiter heißt es: „Ein widerliches Herkommen aus alter Zeit war aber der sog. „Leichenschmaus“. Es war nämlich so, dass das ganze Trauergefolge, nachdem die Leiche bestattet war, wieder ins Trauerhaus zurückkehrte, und ist dort ein Essen gab, im Volksmunde: „das Fell des Toten verzerrt wurde“, wobei es oft sehr toll her ging. Jeder scheute sich, diesen Gebrauch als Erster abzubringen.“
Um mit den von Lehrer Thiele beschriebenen Missständen aufzuräumen, wurde der Beerdigungsverein Luttum gegründet.
Der Verein erhielt auch eine Satzung. Sie ist nicht mehr erhalten, einige der Statuten werden jedoch in der Schulchronik erwähnt. Jedes Mitglied des Vereins hatte die Pflicht, der Leiche zum Friedhof zu folgen. Ferner wurde der Leichenwagen von Vereins wegen gestellt und auch bezahlt. Ebenfalls wurde der Brauch des Leichenschmauses abgeschafft. Bei Androhung einer Geldstrafe oder Ausweisung aus dem Verein durfte kein Vereinsmitglied im Sterbehause Speisen oder Getränke annehmen.
Der Beerdigungsverein hörte auf zu existieren, als im Jahre 1923 der dorfeigene Friedhof angelegt wurde. Seine Dienste wurden nun nicht mehr benötigt.
4. Kindergarten Luttum
Im Jahre 1989 wies Luttum 936 Einwohner auf. Das Neubaugebiet Tannenweg/ An der Röthaller wurde erschlossen. Die Geburtenzahlen der für einen Kindergartenplatz in Frage kommenden Kinder lauten:
1989 | 1990 | 1991 | 1992 | |
Luttum | 11 | 9 | 7 | 11 |
Hohenaverbergen | 12 | 8 | 13 | 1 |
Armsen | 8 | 5 | 4 | 7 |
Somit ergab sich eine Gesamtzahl von 109 Kindern, die einen Kindergartenplatz beanspruchen konnten.
Da der Kindergarten Hohenaverbergen zwei Gruppen mit insgesamt 40 Kindern aufwies, stellte H. Meyer, Luttum, im April 1989 im Rat der Gemeinde Kirchlinteln den Antrag auf Neubau eines Kindergartens in Luttum. Vom Jugend-, Sport- und Sozialausschuss wurde dieser Antrag dann mit dem Ergebnis behandelt, eine Erweiterung des Kindergartens Hohenaverbergen, sowie eine bessere Verkehrsanbindung desselben durchzuführen.
Im Dezember 1990 wurde dann jedoch im Rat der Beschluss gefasst, in unmittelbarer Nähe der Grundschule Luttum einen neuen Kindergarten zu errichten. Dazu wurde eine Waldfläche von 5.600 Quadratmetern von der evangelischen Landeskirche erworben und eine Waldausgleichsfläche (Wiederaufforstung) in Holtum-Geest bereitgestellt. Das Ingenieurbüro Stadtländer und Hopf erhielt den Planungsauftrag für einen Drei-Gruppen Kindergarten.
Mit knapp 1,9 Millionen DM konnte der Kindergartenneubau dann im September 1992 fertiggestellt werden. An den Baukosten haten sich das Land Niedersachsen mit 175.000 DM und der Landkreis Verden mit 700.000 DM beteiligt.
Vom Mittelpunkt des Gebäudes, einer lichtdurchfluteten Kuppelhalle als Gemeinschafts-raum, sind drei Gruppenräume zu erreichen. Abgetrennte Differenzierungsräume schließen sich an. Planerisch wurden die Gruppenräume in drei Ebenen unterteilt. Vom großen Gruppenraum führen drei Stufen zur Bastel- und Spielecke sowie zum Differenzierungsraum. Über eine weitere Treppe gelangt man zu einer weiteren Spielecke. Sanitäre Anlagen für jede Gruppe, sowie Räume für das Personal und Bewirtschaftung runden das Gesamtbild des Neubaus harmonisch ab. Eine Terrasse und eine Spielwiese schließen sich an.
Das Richtfest fand am 6. März 1992 statt. Nach der offiziellen Einweihungsfeier am 22. September 1992 saßen Rat und Verwaltung der Gemeinde Kirchlinteln mit Kindern, Eltern, Handwerkern, Bauleitung und Gästen an einer gemütlichen Kaffeetafel zusammen.
Leiterin des Kindergartens war bis 1997 Frau Schenke, die in die Leitung des Kindergartens Ottersberg wechselte. Nachfolgerin in Luttum wurde Heike Harborth.
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VIII. Luttumer Vereine und Gruppen
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6. Heimatverein Luttum
Am 29. Mai 1985 lud Helmut Meier, Luttum, zur Gründungsversammlung des Heimatvereines Kirchlinteln in das Landhaus Luttum ein. Dabei wurde nicht nur der Verein, sondern unter anderem auch die Dorfgruppe (im folgenden Heimatverein Luttum) durch ihn ins Leben gerufen.
Bärbel Kleinbrod wurde zur Sprecherin gewählt.
Bis zum Jahresende traten dem Heimatverein Luttum 58 Mitglieder bei.
Neben der Pflege und Erhaltung der Dorfgemeinschaft zählen die Förderung und Pflege des Heimatsgedankens, Sammlung und Wahrung heimatlichen Kulturgutes, Schutz der Umwelt und Pflege der Landschaft, Erhaltung und Pflege von Natur und Baudenkmälern, Mitwirkung bei der Erhaltung, der Gestaltung und der Verschönerung des Dorfes und die Pflege von Brauchtum zu den anspruchsvollen Zielen des Vereins.
Eine Arbeitsgruppe „Dorfbepflanzung“ unter Leitung von Wilhelm Meyer befasste sich schon kurz nach der Gründung der Dorfgruppe mit der Anpflanzung von Hecken und Obstbäumen in der Gemarkung Luttum. So wurden Hecken in der „Heide“, am „klütschen Padweg“ und in den Luttumer Allerwiesen am „Günnenweg“, Obstbäume in der Verlängerung des „Grevenskampweges“ und viele Eichen an verschiedenen Feldwegen im Rahmen der Dorferneuerung gepflanzt.
In Vorarbeit zu der Dorfchronik rief Helmut Meyer ein Jahr nach Vereinsgründung alle Luttumer auf, dem Verein alte Fotos vorübergehend zur Verfügung zu stellen. Ralph Meyer und Wilhelm Haase trugen diese zusammen. Ralf Meyer fotografierte sie ab, Wilhelm Haase datierte und ordnete sie. So entstand eine Diasammlung, die unter anderem viel von dem dörfliche Leben längst vergangener Zeiten aufzeigt.
Bereits 1986 erwarb der Gesamtvorsitzende in einer Blitzaktion ein traditionelles Backhaus in Fachwerkkonstruktion von Heinrich Lohmann, Huxhall, für 1.000 DM, ohne zuvor einen Vereinsbeschluss einzuholen. Spontan beschloss der Verein dann, dass aus dem ja aus dem 18. Jahrhundert stammende, profane Gebäude aufzukaufen, abzubrechen, auf einem geeigneten Platz in Luttum wieder zu errichten und seiner ursprünglichen Nutzungsart zuzuführen. Organisiert von Gerd Blome und Helmut Meyer wurde der Abbruch dann mithilfe vieler Luttumer vorgenommen. Da zunächst kein geeigneter Platz zur Verfügung stand, wurde die Substanz viele Jahre bei Ruth Folkerts eingelagert.
Nach langem Suchen konnte dann durch die Gemeinde die ehemalige Hofstelle „Heems“ aufgekauft werden. Mit finanziellen Mitteln aus der Dorferneuerung, Zuschüssen vom Landkreis und von der Gemeinde und vielen Spenden wurde das Gebäude dann wieder errichtet. Der Rat und die Hilfe vieler Fachleute, die den Umgang mit traditionellen Baustoffen wie Lehm kannten, waren gefragt. Auch die Ausmauerung der „Gefache“, die Konstruktion des Ofens und der Bau des Schornsteines bedurften besonderer Kenntnisse. Viele Luttumer Bürger und Bürgerinnen halfen beim Wiederaufbau tatkräftig mit.
Am 18. Juni 1995 konnte dann das Backhaus mit einem festlichen Gottesdienst eingeweiht werden. Auf einem alten Ackerwagen stehend richteten die zahlreichen Ehrengäste wie Landrat und Landtagsabgeordneter Rippich, Landtagsabgeordneter Wilhelm Hogrefe, Bürgermeister Lindhorst, Gemeindedirektor Rickmeyer, der Ortsvorsteher und die zahlreichen Vorsitzenden anderer Vereine ihre Grußworte an die Gäste.
Friedhelm Rosebrock, Wilhelm Meyer, Richard Meyer, Sabine Willbrandt-Meyer, Toni Ferlaus, Wilhelm Haase, Helmut Meyer und Heinz Blome gingen zunächst bei den Heimatvereinen Posthausen und Neddenaverbergen in die „Backmeisterlehre“, bevor der Backofen in Luttum am Einweihungstag erstmals angeheizt wurde. Von diesem Zeitpunkt an wird in Luttum wieder auf traditionelle Art und Weise Butterkuchen gebacken und der Backofen wird regelmäßig und auch zu besonderen Anlässen angeheizt.
Ihre Idee in die Tat setzten Berthold Schlenker und Helmut Meyer 1988 mit der Einladung des Heimatvereines zum „Kartoffelfeuer“ um. Seither können dabei alle Gäste an einem „offenen Kartoffelfeuer“ Bratkartoffeln, Kartoffelpuffer und gedämpfte Kartoffeln mit Quark oder Butter zu sich nehmen. In den ersten Jahren wurde die Veranstaltung mit bis zu 50 Gästen auf Strohballen sitzend vor der Altmülldeponie durchgeführt. Seit 1996 trifft man sich auf dem Dorfplatz, wobei 1997 ca. 200 Personen zugegen waren.
Für das alljährliche Erntefest stellt der Heimatverein regelmäßig einen mit alten Traditionen befassten Erntewagen.
1994 wurde unter der Leitung von Sabine Lindhorst eine Singgruppe „Liederfreunde Luttum“ gegründet. Dieser Chor, der auf Hochzeiten, Geburtstagen und Kindtaufen mit steigender Beliebtheit auftritt, umfasst 1997 21 Mitglieder aus Luttum, Armsen, Neddenaverbergen, Hohenaverbergen und Bendingbostel.
1997 weißt der Heimatverein Luttum 136 Mitglieder auf.
Dem Vorstand gehören 1996 neben der Vorsitzenden Bärbel Rote, Karl-Heinz Otten als stellvertretender Vorsitzender, Malies Schlenker als Kassenwartin, Sabine Willbrandt-Meyer als Schriftführerin, Hermann Mahlmann als Beisitzer, Heike Schladebusch als Sprecherin der Theatergruppe, Helmut Meyer als Sprecher der Chronikgruppe und Sabine Lindhorst als Sprecherin der „Liederfreuende“ an.
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IX. Brauchtum
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7. Erntefest
Das Erntefest, früher auch „Erntebier“ genannt, ist eines der ältesten Dorfgemeinschaftsfeste, das wir bei uns auf dem Lande kennen. Die erste Erwähnung findet es um 1891 in der Luttumer Schulchronik von Lehrer Thiele. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Brauch schon aus frühester Zeit stammt. Es soll für die Ernte gedankt und die Freude nach der getanen Erntearbeit zum Ausdruck gebracht werden.
Früher wurde durch das Los entschieden, welches junge Mädchen und welche junge Mann das Erntegedicht aufsagen musste. Dabei wurde zwischen sämtlichem „jungen Volk“ im Dorf gelost, hierzu gehörten auch die Mädchen und Jungen, die auf den Höfen in Stellung waren.
Ein paar Tage vor dem Fest wurde die Erntekrone von den Jugendlichen gebunden, die am Festtage zu Fuß bei der Erntebraut abgeholt wurde. Vor dem Hause des Mädchens forderte der Junge, der von Musikanten und der Dorfbevölkerung begleitet wurde, mit einem Gedicht die Erntekrone heraus. Anschließend ging es zu der jeweiligen Gastwirtschaft, in der der Ernteball stattfinden sollte. Dort sprach die Erntebraut das Erntegebet und eröffnete dann mit ihrem Erntebräutigam und dem Kranz in der Hand das Tanzvergnügen.
Bis auf die Kriegsjahre wurde wohl durchgehend das Erntefest gefeiert. Selbst 1939 wurde noch gefeiert, als schon Mobilmachung war. Nach dem zweiten Weltkrieg begann man 1946 bei Anna Hellwinkel (Nr. 10) auf der Diele wieder mit dem Fest und führte es bis 1962 in der alten Form weiter. Danach fanden sich bis auf 1967 keine jungen Leute mehr, die das Erntegedicht aufsagen wollten, sodass abends nur noch ein Ernteball stattfand.
Im Jahre 1971 übernahm dann die Freiwillige Feuerwehr die Hauptorganisation des Erntefestes und ließ es neu aufleben. Im ersten Jahr ging die Feuerwehr in Uniform hinter der Krone her. 1972 wurden schon die ersten Wagen für die Musik und die Feuerwehr geschmückt. Und es folgten nach und nach immer mehr geschmückte Wagen mit den unterschiedlichsten Themendarstellungen und von den verschiedensten Gruppen und Gruppierungen. Seit dieser Zeit wird mit den bunt geschmückten Wagen auch ein Umzug durch das ganze Dorf veranstaltet.
Da die Beteiligung wieder nachließ, wurde 1995 beschlossen, das Erntefest nicht mehr bei Gastwirt Helmke im Landhaus Luttum zu feiern, sondern in einem großen Zelt auf dem neuen Dorfplatz. Dort wird jetzt nach dem Abholen der Erntekrone und dem Umzug frischer Butterkuchen im Backhaus gebacken, werden alte Kinderspiele veranstaltet und alte Trecker und Landmaschinen zur Schau gestellt, bevor das Fest mit dem großen Ernteball ausklingt.
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